Eye-Tracking: Wie User Texte im Internet lesen

Bild zu den Themen Eye-Tracking, Leseverhalten, Blickmuster und F-Pattern. Die Frage, wie Nutzer Texte im Internet lesen, ist eine, der sich Usability-Forscher in der Vergangenheit intensiv gewidmet haben. Dabei stellte sich heraus, dass Nutzer beim Online-Lesen bestimmten Blickmustern folgen und darum meist nur einen Teil einer Webseite bewusst wahrnehmen.


In diesem Artikel geht es nun darum, einige interessante Fakten aus der Usability-Forschung vorzustellen. Darüber hinaus soll gezeigt werden, wie sich die Blicke von Websitebesuchern lenken lassen, um das typische F-Blickmuster zu vermeiden.

Was ist Eye-Tracking?

Als Eye-Tracking werden Methoden bezeichnet, die die Augenbewegungen eines Betrachters erfassen. Die hierfür verwendeten Geräte werden Eye-Tracker genannt. Dies können spezielle Brillen sein oder auch externe Webcam-Lösungen, die die Blickbewegungen und Fixationspunkte einer Person aufzeichnen. Das Eye-Tracking kommt u. a. in der Leseforschung, den Neurowissenschaften, der Werbepsychologie, der Kognitions- und Wahrnehmungspsychologie sowie bei Usability-Tests im Bereich des E-Commerce und des Online-Marketings zum Einsatz.

Eye-Tracking im Online-Marketing: Wie Menschen online lesen

Die wohl bekannteste Eye-Tracking-Studienreihe zum Leseverhalten von Internetnutzern stammt von der Nielsen Norman Group, die im Jahre 2006 die Ergebnisse ihrer ersten Studie How People Read Online: The Eyetracking Evidence veröffentlichte.


Die Untersuchung zeigte, dass Internetnutzer Texte meist nicht Wort für Wort lesen, sondern diese überwiegend „scannen“, wobei regelmäßig typische Blickmuster entstehen. Eines der bekanntesten Blickmuster ist das F-Pattern (= F-Muster), wobei der Buchstabe „F“ für die Form des Blickmusters steht.

Nielsen Norman Group

Die Nielsen Norman Group wurde 1998 von Jakob Nielsen und Don Norman gegründet. Das Unternehmen mit Sitz in Kalifornien hat mit seiner Usability-Forschung einen wichtigen Beitrag zum Verständnis des Online-Leseverhaltens geleistet.

Das F-Pattern: der Standard unter den Blickmustern

In ihrer ersten Studie aus dem Jahre 2006 wertete die Nielsen Norman Group die Eye-Tracking-Ergebnisse von 232 Probanden aus, nachdem diese im Rahmen einer Studie mehrere Tausend Webseiten betrachtet hatten. Die Ergebnisse zeigten, dass Internetnutzer Seiteninhalte oft nicht aufmerksam lesen, sondern diese von links nach rechts und vertikal von oben nach unten „scannen“. Das Muster, das dabei regelmäßig entsteht, ähnelte einem großen „F“.

Bild zum Thema Blickmuster und F-Pattern.

Abb. 2: Die Heatmaps zeigen die aggregierten Daten nach der Betrachtung zweier Webseiten und einer Liste mit Google-Suchergebnissen (SERPs) (Bild rechts). Quelle: nngroup.com

Die Studienteilnehmer blickten dabei zunächst aufmerksam am oberen Seitenrand entlang. Anschließend wanderten die Blicke nach unten, wo erneut von links nach rechts gelesen wurde. Im dritten Schritt wanderten die Blicke vertikal nach unten am linken Seitenrand entlang.

Die Forscher fanden außerdem heraus, dass das F-Blickmuster über viele Kulturen hinweg entsteht (in Ländern, in denen von rechts nach links gelesen wird, entsteht jedoch ein umgedrehtes F-Muster (vertikale Spiegelung!)). Außerdem zeigten die Ergebnisse, dass das F-Muster sowohl auf Desktop- als auch auf Mobilgeräten erzeugt wird.

Was bedeutet das F-Muster für Texter und Webdesigner?

Internetnutzer neigen unter bestimmten Bedingungen dazu, Texte zu scannen, statt zu lesen. Wer dem Leser seine Inhalte näherbringen möchte, sollte sich darum auf die ersten beiden Absätze eines Textes konzentrieren. Wichtige Keywords sollten am Anfang von Überschriften und zu Beginn eines neuen Absatzes stehen. Informationen, die nicht in den ersten beiden Absätzen untergebracht werden können, sollten linksbündig im Text stehen. Noch besser wäre es jedoch, das F-Muster gar nicht erst entstehen zu lassen. Wie das geht, wird unter dem Punkt „UX-Writing“ beschrieben.

Sollen Texter dem Leser beim F-Pattern entgegenkommen?

Eher nicht. Das F-Pattern stellt das Standard-Muster beim Lesen im Internet dar. Zu bedenken ist hierbei, dass die Ergebnisse der Studie aus dem Jahre 2006 stammen, als viele Texte überwiegend als „Textwüsten“ dargeboten wurden. Spezielle Schreib- und Design-Techniken können die Entstehung des F-Musters jedoch verhindern und für eine verbesserte Informationsaufnahme sorgen. Moderne Webdesigns, Bilder, Tabellen, Aufzählungen und Listen bringen neue visuelle Ankerpunkte ins Spiel. Für Websites, auf denen Texte weiterhin überwiegend als Fließtext dargeboten werden, ist das F-Pattern jedoch weiterhin von Bedeutung.

UX-Writing: So lassen sich die Blicke des Lesers lenken!

Eine Technik, die sich mit der Nutzerfreundlichkeit von Texten beschäftigt, ist das UX-Writing (UX = User Experience). Texter, Redakteure und Webdesigner arbeiten hierbei Hand in Hand, um den Seitenbesuchern ein positives Nutzererlebnis zu ermöglichen. Mit den folgenden Maßnahmen können Texter den Nutzern das Lesen erleichtern:

  • Kurze Sätze und Absätze mit einem Gedankengang pro Absatz erleichtern das Lesen.
  • Tabellen, Listen, Aufzählungen, Absätze und White Space schaffen natürliche Pausen.
  • Headlines und Zwischenüberschriften gliedern den Text.
  • Infoboxen fassen Wichtiges zusammen und sind leicht zu konsumieren.
  • Bilder wecken Emotionen und verdeutlichen die geschriebenen Inhalte.
  • Bildunterschriften ziehen die Blicke auf sich.
  • Videos erleichtern die Verarbeitung erklärungsbedürftiger Inhalte.
  • Zitate schaffen Vertrauen in die Seriosität von Texten.
  • Autorenboxen geben Hinweise auf die Verlässlichkeit der Text-Inhalte.
  • Responsive Designs verbessern die Lesbarkeit auf Mobilgeräten.

Fazit:

Die Ergebnisse der Studie der Nielsen Norman Group aus dem Jahre 2006 öffnete vielen Menschen die Augen. Auch heute noch sind die Erkenntnisse zum Thema F-Pattern von Bedeutung. Wiederholungen der Studie konnten die Ergebnisse größtenteils bestätigen. Neue Designs und Erkenntnisse aus dem UX-Writing hatten jedoch bereits Auswirkungen auf das Leseverhalten von Internetnutzern, sodass das F-Pattern zunehmend von anderen Blickmustern abgelöst wird.

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Häufig gestellte Fragen:

Warum wenden Leser überhaupt das F-Blickmuster an?

Viele Internetnutzer suchen beim Surfen nach Antworten und sind nicht dazu motiviert, eine Webseite Wort für Wort zu lesen. Besonders dann, wenn Menschen glauben, dass sie durch das Scannen eines Textes ähnliche Ergebnisse erzielen können wie durch aufmerksames Lesen und dabei auch noch Energie sparen, besteht ein erhöhtes Risiko, in den Scan-Modus zu verfallen. Wenn der Text dazu noch aussieht wie eine „Textwüste“, wird es umso schwieriger, einen Text aufmerksam zu lesen.

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